100 Jahre Festspiele

Die Festspiele Balver Höhle werden im Jahr 2022 auf eine hundertjährige Tradition zurückblicken.
Theodor Pröpper, der visionäre Ideengeber und Begründer der Festspiele, erklärte im "Balver Buch" von 1930 die Faszination der Spielstätte und der "Höhlenspiele" so:

"Die Balver Höhlenspiele haben ihren Urgrund im Erlebnis der Heimat. Im Jahre 1922 geschah es zum ersten Mal, dass anlässlich der ersten Tagung des jungen Sauerländer Heimatbundes die Balver Höhle mit der Aufführung des Redentiner Osterspieles dem Laienspiel dienstbar gemacht wurde… Das Laienspiel reißt unberechtigte Schranken nieder, die durch Besitz und Stand aufgetürmt sind. Wie sich die Spielschar aus den verschiedenen Ständen und Berufen zusammensetzt, so wendet sich auch das Spiel selbst nicht nur an bestimmte Gruppen, sondern an alle Bewohner der Stadt, des Ortes, eines ganzen Landschaftsgebietes. Die Aufführung des Spieles wird für alle Beteiligten eine festliche Angelegenheit…

Die Besonderheit der Balver Höhlenspiele beruht in der Einzigartigkeit der räumlichen Verhältnisse. Die Frage des Raumes ist für das Laienspiel von größter Bedeutung. In dieser Beziehung geht es eigene Wege… Die Raumfrage ist in der Balver Höhle in geradezu vorbildlicher Weise gelöst. Ein mächtiges, tonnenartiges Gewölbe, ein gewaltiger fast 100 Meter langer Felsendom bildet eine Raumeinheit von solcher Geschlossenheit, wie sie in der Natur für szenische Darstellungen kaum idealer gedacht werden kann. Die Höhle vermittelt ein Raumerlebnis von stärkster Wirkung… Der Raum zwingt zur Konzentration, zur Schau auf das Wesenhafte, erleichtert das Hinübergreifen ins Transzendente…

Die Zukunft der Balver Höhlenspiele, die in dem Zusammenklang der Naturwunder und der volkstümlichen Kunst des Spieles in der Tat eine Einmaligkeit bedeuten, wird davon abhängig sein, ob und wie weit die Allgemeinheit der Bewohner von Balve künftig die Spiele als “ihre Angelegenheit” betrachtet… Die Stadt Balve wird sich in ihren berufenen Vertretern mit der Frage beschäftigen müssen, ob sie gewillt ist, mitzuhelfen, die Höhlenspiele für die Zukunft im Leben der Balver fest zu verankern" (Zitate aus: Balver Buch, 1930).

Dem ist nichts hinzuzufügen.

Der Verein Festspiele Balver Höhle, gegründet 1985 in der zweiten Ära Wedekind, leistet heute als kulturstiftender Verein wichtige Beiträge zum sozialen und kulturellen Leben im Balver Land. Für viele Menschen ist er zu einem Identifikationsort geworden, der die Bindung an die Region stärkt. Die Festspiele mit ihren kaum noch zu überblickenden eigenen und externen Veranstaltungen seit Gründung des Vereins haben den kleinen sauerländischen Ort zu einer bekannten Marke gemacht. Kultur in der Balver Höhle ist weit über Deutschland hinaus ein Begriff geworden. Viele Zuschauer und Zuhörer sind der Faszination der größten offenen Kulturhöhle Europas als Veranstaltungsort erlegen.

Die Balver Höhle ist in der heutigen Form ein Kind des 19. Jahrhunderts. Kunst und Kultur in der Höhle wurden erst durch eine bald 200 Jahre zurückliegende "Missetat" pfiffiger Balver Bauern möglich, die die fruchtbare Wirkung des phosphatreichen Lößbodens der Höhle entdeckt hatten und die Höhle gründlich ausräumten, um den gehaltvollen Naturdünger - samt wertvoller Artefakte aus der mittleren Altsteinzeit - auf den umliegenden Feldern zu verteilen. Vom Rat der Stadt wurde dazu eigens eine Höhlenkasse eingerichtet. Nicht um Eintrittsgelder zu kassieren, sondern um die Düngerfuhren mitsamt den prähistorischen Schätzen, deren enorme wissenschaftliche Bedeutung damals noch nicht verstanden wurde, abzurechnen und den städtischen Haushalt damit aufzubessern. In einer Hauruckaktion entstand aus der Neandertaler-Kulturhöhle innerhalb weniger Jahre die heutige moderne Kulturhöhle:  Aus der randvoll mit Lößboden und Artefakten angefüllten Höhle wurde peu á peu der "Felsendom": Ein gewaltiger Hohlraum, eine riesige Bühne, ideal für Feste, Kunst & Kultur 

Mehr zur naturhistorischen Bedeutung der Balver Höhle, der geplanten Sprengung der Höhle nach dem 2. Weltkrieg und zur Geschichte der Festspiele und Balver Schützenfeste hier

Drei Phasen

Die Entwicklung der Festspiele verlief in drei Phasen: Die Spiele der 1920er-Jahre, die Phase von 1947 bis 1958 und von 1984 bis heute. Mit der Gründung des Vereins wurden die Spiele schließlich zu einer dauerhaften Kultureinrichtung, an die die Stadt Balve später einen Teil ihrer Kulturaufgaben zur Entlastung des städtischen Haushalts delegieren konnte. Seit dieser Zeit gab es großartige Kulturveranstaltungen, aber naturgemäß auch viel Auf und Ab. Nach schwierigen Jahren ist es dem Verein Festspiele Balver Höhle heute gelungen, aus eigener Kraft, also durch sparsames Veranstaltungsmanagement und viel ehrenamtliche Arbeit, auch wirtschaftlich eine positive Entwicklung einzuleiten - fast ohne staatliche und kommunale Subventionen. Im Kulturbereich ist das keine Selbstverständlichkeit.

Begünstigt wurde und wird diese Entwicklung durch die tatkräftige Unterstützung der St. Sebastian-Schützenbruderschaft als Verwalterin der Balver Höhle, eine Bürgschaft der Stadt Balve, aktive Unterstützung von Sponsoren - etwa die Beschaffung der mobilen Tribüne durch die NRW-Stiftung im Jahr 2003, den neuen Vorhang durch Fa. Echterhage 2014, sowie viele weitere Sach- und Geldspenden aus Balve und Umgebung - durch die begeisterten Kritiken der Presse, das enorme persönliche Engagement der ehrenamtlich tätigen Mitglieder und aktiven Mitspieler und - last not least - durch unsere treuen Gäste und Zuschauer.

Mit Erfolg: Heute gehört die Balver Höhle zu den "wohl ungewöhnlichsten und attraktivsten Kulturorten in Deutschland" (NRW-Stiftung), sie wird inzwischen allein zu den Höhlenspielen von mehr als 8.000 Gästen jährlich besucht. Dies soll so bleiben, dafür wird der neue Vorstand kämpfen und die erfolgreiche Arbeit der Vorgänger fortsetzen. Getreu dem Wedekind-Motto: "Kunst kennt keine Grenzen".

In erster Linie sieht sich der Verein aber auch in Zukunft dem Vergnügen des kleinen und großen Publikums an der darstellenden Kunst verpflichtet, und der Freude der Darsteller und Mitwirkenden an ihrer Arbeit. Diese Menschen sind es, die die Festspiele mit ihrer Phantasie, Begeisterungsfähigkeit und Ausstrahlung weiter voran bringen und für die Zukunft fit machen.